Krise an den Finanzmärkten – Hochkonjunktur des Populismus

Es ist verständlich, wenn man sich heute enerviert über die Vorkommnisse an den Finanzmärkten dieser Welt. Es ist zuzustimmen, dass sehr hohe Löhne unberechtigt sind, wenn enorme Verluste eingefahren werden. Und es ist ärgerlich, wenn eine Krise im Finanzsystem die eigentlich gesunde Realwirtschaft beeinträchtigt. Eines sollte man allerdings nicht übersehen: Die Finanzmarktkrise ist zwar aussergewöhnlich, das Entstehen dieser Krise lässt sich aber erklären. Und dies sollte als Grundlage dienen, wenn man über Massnahmen in der Zukunft diskutieren will. Da nützen populistische Schlagwörter (UBS in Konkurs fallen lassen, Schuld beim „neoliberalen“ System und dergleichen mehr) wenig. Sie sind derart falsch, dass man mit Bestimmtheit in eine nachhaltige Krise schlitterte, wollte man auf sie bauen.

Jeder Markt funktioniert aufgrund von Angebot und Nachfrage, auch der Finanzmarkt: Das staatlich über die Zentralbanken gesteuerte Angebot an günstigem Geld stimulierte über lange Jahre die Nachfrage. Die gesamte Wirtschaft boomte in der Schweiz und weltweit. Dank der Vernetzung der Weltwirtschaft erzielten aufstrebende Länder (Südamerika, Asien, sogar Teile Afrikas) wirtschaftliche Fortschritte. Die Banken und weiteren Vermögensverwalter schufen jedoch zunehmend Anlagemöglichkeiten, die mit realen Werten immer weniger zu tun hatten. Das Ausfallrisiko hatte keinen Preis (mehr), das Risikobewusstsein nahm ab, das Kapital wurde dadurch fehlgeleitet. An dieser gesamten Entwicklung haben private wie staatliche (z.B. US-Hypothekenfinanzierer) Unternehmen teilgenommen. Überwacht wurde der heute als Alleinschuldiger gebrandmarkte Bankenmarkt durch die staatlichen Regulatoren. Alle zusammen, wir als Volk von Sparern inbegriffen, haben die Risiken verkannt. Auch nicht vergessen gehen darf, dass die Staaten, d.h. wir alle, kräftig durch diese lange Phase grossen Wirtschaftswachstums profitiert haben (u.a. hohe Steuereinnahmen).

 

 

 

Man kann also nicht behaupten, die private Wirtschaftstätigkeit hätte fernab jeglichen Gemeinwohls nur ein paar wenige reich gemacht, ohne sich den Vorwurf der Demagogie einzuhandeln. Nur nebenbei sei bemerkt, dass der Anteil der Superreichen am Volkseinkommen in der Schweiz seit Jahrzehnten stabil ist. Wenn der Staat heute rettend eingreift, dann mit der Absicht, Schlimmeres für die Schweizer Volkswirtschaft zu vermeiden. Das ist zwar unschön, realpolitisch aber wohl unumgänglich. Denn man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass der Steuerzahler verschont würde, wenn der Staat nicht eingriffe. Die Finanzkrise wird sich nämlich so oder anders auf den Wohlstand in der Schweiz in den nächsten Jahren auswirken.

 

 

 

Was zurzeit an den Finanzmärkten abgeht, ist komplex. Die Komplexität vernebelt oft die Sicht auf die wahren Hintergründe. Polemik und Populismus sind in solchen Situation schnell zur Hand. Wer Verantwortung trägt, kann und darf sich solchem nicht hingeben. Wenn auch der Staat heute zu Hilfe eilt, er kann nicht für zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg garantieren. Eine Abkehr von einem liberalen, am Markt ausgerichteten Wirtschaftsverständnis auf Dauer wäre nämlich das Falscheste, was man tun könnte. Denn es wäre fatal, wenn der Staat anstelle privater Akteure das Risiko, das jedem Wirtschaften inhärent ist, übernehmen wollte. Die Schweiz (bzw. die gesamte westliche Welt) würde sich damit vom bisher gehabten Erfolg verabschieden und sich in die Abhängigkeit jener Länder und Regionen begeben, die aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten die richtigen Lehren ziehen. Die liberale Marktwirtschaft lässt Höhen und Tiefen zu. Das ist zwar nicht immer angenehm. Es ist allerdings weniger schädlich als dirigistische Wirtschaftsordnungen, mit denen in der Weltgeschichte verschiedentlich schon und letztlich erfolglos experimentiert worden ist.

 

 

 

Silvan Jampen